Etwas sehr kurz zu sagen – wie in diesem Artikel - ist als Autorin manchmal nur möglich, wenn man es vorher sehr ausführlich gesagt hat – wie in meiner Dissertation über Salutogenese durch Selbstverwirklichung (Meller, 2008). Und das Ausführliche kommt dem Leser vielleicht in einem zweiten Anlauf neu und anders entgegen, wenn die Grundidee einmal zügig nachvollzogen wurde. Ich bevorzuge weder die Langfassung meiner Dissertation noch diese Kurzvariante: Lese ich die eine, vermisse ich die andere und umgekehrt. Zusammen ergeben beide ein gutes Paar. Abweichend von der Langfassung ersetze ich im Abschnitt 3.2 (siehe dort Fußnote 9) zwei Begriffe durch alltagsnähere Formulierungen.
Dieser Artikel gliedert sich in fünf Teile. Als Ausgangspunkt meiner Dissertation skizziere ich in Abschnitt 1 zentrale Schwierigkeiten der Gesundheitspsychologie beim Erforschen personaler Ressourcen. Dem vorherrschenden Denken, das überwiegend um (widersprüchliche) Ergebnisse zur menschlichen Anpassung an herausfordernde Bedingungen kreist, wird der Fokus auf ein persönlich stimmiges Leben gegenüber gestellt. In Abschnitt 2 geht es um das Ziel, der Gesundheitspsychologie das Geschehen von Selbstheilung als einen anders als bisher zu denkenden Zusammenhang theoretisch zugänglich zu machen. Es folgt mein Lösungsweg in Abschnitt 3 als Dreischritt (Überwindung der Spaltung von Leib und Seele; Selbstverwirklichung als Spezialfall von Autonomie; Synthese der ersten beiden Schritte hin zu Selbstverwirklichung als salutogenetisches Prinzip). Daran schließen sich eine kleine Diskussion (Abschnitt 4) und ein kurzer Forschungsausblick (Abschnitt 5) an.
Gibt es unheilbare Krankheiten? Angesichts degenerativer Erkrankungen (zum Beispiel bestimmte Formen von Krebs, Demenz etc.) und chronischer Zivilisationskrankheiten (zum Beispiel Allergien, Diabetes etc.), die medizinisch nur symptomatisch behandelbar sind, wirkt diese Frage naiv. Das ändert sich, wenn man zur Kenntnis nimmt, was sich medizinisch nicht erklären lässt: Zum Beispiel die gerne ignorierten Spontanremissionen in der Onkologie (Hoc, 2005) oder der Placebo-Effekt, der so beeindruckend ist, dass ihn niemand in Zweifel zu ziehen wagt (Weil, 1988; Walach, 2002; Sheldrake, 2006). Beide Phänomene zeigen, dass Heilung keine alleinige Domäne der Medizin ist, sondern eine „geheime Weisheit des Körpers“ (Weil, 1988, S. 99), der alle Heilkundigen sämtlicher Professionen nur den Weg ebnen können. Deshalb treten in der salutogenetischen1 Herangehensweise die psychosozialen Ressourcen in den Mittelpunkt.
In der Gesundheitspsychologie persistiert seit den 70er Jahren die Idee eines engen Zusammenhangs zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Gesundheit, obwohl sich dieser unter anderem aufgrund von „Konstruktüberlappungen und pseudoempirischen Zusammenhängen“ (Weber, 2005, S. 144) nicht überzeugend nachweisen lässt (Weber, 2005). Außerdem widersprechen sich Studienergebnisse: Einige zeigen, dass Optimisten die gesundheitsförderliche Fähigkeit zum flexiblen, situationsangepassten Einsatz unterschiedlicher Coping-Strategien zuzuschreiben ist (Aspinwall, Richter & Hoffmann, 2001), während andere aussagen, dass Optimismus zwar bei an Multipler Sklerose erkrankten Patienten mit besserer psychischer Funktionstüchtigkeit einhergeht, jedoch bei Parkinson-Patienten nicht bedeutsam ist (de Ridder, Schreurs & Bensing; 2000).
Niederschmetternd scheint auf den ersten Blick die Studie von Amelang und Schmidt-Rathjens (2003) zu Persönlichkeit, Krebs und koronaren Herzerkrankungen, die den vielsagenden Untertitel „Fiktionen und Fakten in der Ätiologieforschung“ trägt: Die Korrelationen zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und manifester körperlicher Erkrankung sind gering. Bei einer Stichprobengröße von 5.133 Männern und Frauen sind nicht mehr als 1 bis 2 Prozent der Gesundheits-Krankheits-Varianz auf differenzial-psychologische Variablen zurückzuführen. Die Autoren schlussfolgern, dass die Bedeutung der psychologischen Merkmale (im Vergleich zu den biomedizinischen Risikofaktoren) zurückgegangen sei, und halten diesbezüglich weitere Forschungsbemühungen für überflüssig. Allerdings widersprechen ihre Ergebnisse klinischen Erfahrungsberichten. Zum Beispiel beeindruckt LeShan (1993) in seiner therapeutischen Arbeit mit medizinisch hoffnungslos schwer erkrankten Menschen: Er schildert günstige Krankheitsverläufe und sogar vollständige Heilungen! Sein zentraler Ansatzpunkt ist die eigene „Lebensmelodie”, nach der zu leben, gesundheitsförderlich ist. Wenn man diese Lebensmelodie nicht erhört, entsteht Stress und dieser schwächt das Immunsystem derart, dass das Risiko einer Krebserkrankung steigt (LeShan, 1993; Simonton, Simonton & Creighton, 2007). Hingegen wirkt es heilsam, sich selbst zu finden und das Leben zu entdecken, das den innersten Bedürfnissen entspricht. Dieser Ansatz weckt Assoziationen an Konzepte von Selbstverwirklichung und übersteigt damit das im Hauptstrom der Gesundheitspsychologie vorherrschende Denken, dass Gesundheit vorwiegend als Produkt von gelungener Anpassung versteht (Paulus, 1994; Schorr, 1995).
Bezüglich personaler Ressourcen dominieren in der Gesundheitspsychologie bislang fünf Wirkhypothesen (Weber, 2005; Segerstrom, 2000; Wiebe & Smith, 1997): Positive Affektivität und positive Erwartungen korrelieren
Der praktische Ansatz von LeShan (1993) geht insofern über die eben genannten Wirkhypothesen hinaus, als dass er die Gestaltung eines persönlich stimmigen Lebens (im Unterschied zu einem gesunden Leben) fokussiert. Anders ausgedrückt: Positive Affektivität und positive Erwartungen im Sinne der Wirkhypothesen reichen nicht aus, wenn die eigene Lebensmelodie verfehlt wird. Hohe Ausprägungen in Persönlichkeitsmerkmalen wie Optimismus oder Kohärenzgefühl schützen nicht, wenn man kontinuierlich Stress produziert, indem man ein unstimmiges Leben lebt. Hier sehe ich einen Grund, warum eine gesundheitspsychologische Modellbildung, die Persönlichkeit zu einer mechanischen Matrix aus Denk-, Fühl- und Verhaltensmustern degradiert, keine konsistenten Forschungsergebnisse erbringen kann.
Allerdings weiß auch LeShan (1993) seine Beobachtungen und Hypothesen zur Lebensmelodie nur psychoneuroimmunologisch zu untermauern. Unerklärt bleibt, wie jemand (innerhalb kürzester oder auch längerer Zeit) entgegen medizinischen Prognosen heilt. Wieso geht eine bestimmte Form der Persönlichkeitsentwicklung (Selbstverwirklichung) mit der Rückläufigkeit von degenerativen Prozessen und irreversiblen Dysfunktionen einher? Wie kann eine geistige Veränderung so machtvoll sein, dass sie direkt stoffliche (atomare) Veränderungen hervorruft, die jenseits des medizinisch Machbaren liegen? Diese Fragen sind nicht nur mit Blick auf medizinisch als unheilbar geltende Erkrankungen wie Allergie, Karies oder Krebs interessant, sondern für jede Art von Krankheit. Antworten lassen sich aber nicht innerhalb von Modellen finden, die weltanschaulich auf einem interaktionistischen Dualismus von Materie und Geist basieren, der auf die vom Philosophen René Descartes im 17. Jahrhundert formulierte Teilung der Natur in zwei unabhängige Bereiche von Geist und Materie zurückgeht. Diese bis heute im Hauptstrom von Medizin und Psychologie fortbestehende Sichtweise ignoriert, dass Anfang des 20. Jahrhunderts die moderne Physik aufgrund revolutionärer Entdeckungen ihre klassischen Vorstellungen von Raum, Zeit, Materie, Ursache und Wirkung revidieren musste. Hier sehe ich eine Erklärung für die oben unter Abschnitt 1 beschriebene Stagnation in der Gesundheitspsychologie, nämlich dass sie sich zu sehr an einer Medizin orientiert, die ihrerseits an einem überholten Weltbild haftet:
… wir [erörtern] in der Medizin die Frage, wie Geist und Materie zusammenhängen, in Begriffen der Physik des 17. Jahrhunderts. … weil die Medizin wie die meisten anderen inexakten Wissenschaften in gewissem Sinne stets neidisch auf die Physik war. Sie hat sich immer gewünscht, die von der Physik demonstrierte Präzision ebenfalls zu verkörpern. (Dossey, 1986, S. 35)
Ergebnis meiner in Abschnitt 1 und 2 skizzierten Literaturanalyse (ausführlich: Meller, 2008) ist, dass offensichtlich eine Kluft zwischen klinischer Praxis und gesundheitspsychologischer Theorie besteht, die auch politische Implikationen hat: Denn nur gesundheitsbezogene Maßnahmen (zum Beispiel Krankenkassenleistungen, Budgets für Bildung), deren Wirkung wissenschaftlich belegt ist, werden finanziert. Das ist mir 2003 eine gesundheitspsychologische Anstrengung wert, die ich fünf Jahre lang neben meiner psychotherapeutischen Praxis realisiere und auf diese Weise finanziere. Ziel ist, einen theoretischen Beitrag zu erbringen, mit dem medizinisch und gesundheitspsychologisch bislang unerklärliche Heilungen rational beschrieben werden können, so dass sich dadurch empirisch neue Herangehensweisen zur Überprüfung dieser Zusammenhänge eröffnen.
Ansatzpunkt für meine integrative Theoriebildung sind kognitiv-emotionale Entwicklungen der Persönlichkeit (Selbstverwirklichung) und deren salutogene Wirkung im Denkrahmen einer Ganzheitsvorstellung, wie sie aus Erkenntnissen der modernen Physik abgeleitet werden kann. Ich beschreibe deshalb zunächst, wie man mit Hilfe der Quantentheorie die gedankliche Spaltung von Leib und Seele überwindet (Abschnitt 3.1).
Die Quantentheorie ist eine mathematisch vollständige Wiedergabe sämtlicher quantenphysikalisch beobachtbarer Phänomene (Zeilinger, 2005). Sie gilt als „empirisch bestbestätigte (…) Naturbeschreibung“ (Atmanspacher, 1996a, S. 22) und enthält drei präzise Konzepte von materieller Ganzheit: Einheit, Ungeteiltheit (Holismus) und Komplementarität, die das klassische Verständnis von Materie erschüttern und sich an der berühmten Doppelnatur des Lichts nachvollziehen lassen. Für das adäquate Verständnis der Quantentheorie empfiehlt der Physiker Atmanspacher (1996a) in Anlehnung an Scheibe (1964) die Unterscheidung zwischen ontischer und epistemischer Beschreibung2. Mit der ontischen Ebene ist eine abstrakte, potenzielle, der direkten Beobachtung nicht zugängliche Realität gemeint (zum Beispiel Licht ist Welle und Teilchen zugleich), während die epistemische Ebene unsere Wahrnehmung der Welt, unsere Wechselwirkung mit ihr und unser Wissen über sie beschreibt (zum Beispiel manifestiert sich Licht je nach Versuchsaufbau als Teilchen oder Welle).
Entscheidend für den Übergang von der ontischen zur epistemischen Ebene ist, dass sich die epistemischen Erkenntnisse auf gemessene und beobachtete Tatsachen beziehen. Die zwei Ebenen sind nicht unabhängig voneinander und keine der beiden Beschreibungen ist die einzig richtige. Sie bilden eine kompatible Einheit und erst auf dieser Basis ist ein umfassendes Naturverständnis möglich. Mathematisch wird das in der Quantentheorie durch eine Wahrscheinlichkeitswelle (auch Wellenfunktion genannt) beschrieben, mit der sich zwar keine genaue Voraussage, aber immerhin die Wahrscheinlichkeit der Anwesenheit eines Teilchens bestimmen lässt (Chown, 2006). Das zerstört allerdings die klassische Vorstellung von Materie als Festkörper zugunsten wellenartiger Wahrscheinlichkeitsbilder3.
Die Situation vor einem Experiment ist ontischer und danach epistemischer Art. Je nachdem, was im physikalischen Experiments beobachtet werden soll, entstehen unterschiedliche epistemische Realisierungen (Licht manifestiert sich als Teilchen oder Welle). Konzeptuell lässt sich das mit dem Heisenberg-Schnitt beschreiben, durch den die nichtlokalen Korrelationen4 „zwischen einem zu beobachtenden Objekt und dem Rest des Universums (…) verloren gehen“ (Atmanspacher, 1996a, S. 31) und Teile entstehen. Dieser Schnitt ist nicht naturgegebenen, sondern stellt eine willkürliche Wahl darüber dar, was gemessen werden soll5. Er ist nicht identisch mit dem cartesischen Schnitt, der materielle und geistige Realität voneinander trennt. Aber die Wahl des Heisenberg-Schnitts erfolgt im Bewusstsein des Beobachters, also innerhalb der geistigen Realität. Damit ist der Heisenberg-Schnitt keine materielle Realität, sondern ein konzeptuelles Instrument (Atmanspacher, 1996a). Zudem ist er abhängig vom cartesischen Schnitt: Der Heisenberg-Schnitt beschränkt sich nur deshalb auf die materielle Realität, weil diese zuvor mit dem cartesischen Schnitt epistemisch kreiert wurde!
Hier zeigt sich also die logische Grenze einer rein physikalischen Vorstellung von Ganzheit: Die physikalische Beschreibung stellt nur eine epistemische Perspektive dar, die für sich allein nicht die ontische Ganzheit erfasst, sondern zu komplementieren ist (Atmanspacher, 1996a)! Diese erkenntnistheoretische Argumentation bildet gemeinsam mit Erkenntnissen aus dem Pauli-Jung-Dialog6 (Meier, 1992) die Basis, auf der ich später nach Aufarbeitung des Selbstverwirklichungsbegriffs und seiner Abgrenzung zur Selbstentfremdung (Abschnitt 3.2) den Zusammenhang von Gesundheit und Selbstverwirklichung erkläre (Abschnitt 3.3).
Selbstverwirklichung als philosophischer Terminus wurde von Georg W. F. Hegel unter Bezug auf Immanuel Kants Willenskonzept, das er als Wille zur Selbstverwirklichung interpretierte, eingeführt und reflektiert (Paulus, 1994; Jüttemann, 2005)7. Die heutigen theoretischen Auslegungen divergieren zum Teil dermaßen, dass Huber (1981) seiner Überblicksarbeit folgende prätheoretische, alltäglich-kommunikative Bedeutung von Selbstverwirklichung voranstellt:
Selbstverwirklichung meint immer schon…, dass der Mensch innerhalb seiner vielfältig bedingten, schicksalhaft vorgegebenen Lebenssituation sein Anlageganzes, seine eigensten Möglichkeiten, seine innersten Kräfte und Mächte im konkreten Handeln zur Wirklichkeit seines gelebten Daseins vollzieht. (Huber, 1981, S. 6)
Theoretische Konzeptionen von Selbstverwirklichung (Überblick: Paulus, 1994) finden sich in der Humanistischen Psychologie, der Neo-Psychoanalyse und der Existenzialistischen Psychologie. Selbst im Behaviorismus gibt es eine ganz kleine Spur der Selbstverwirklichung, die auf die ubiquitäre Relevanz schließen lässt: Mit der kognitiven Wende gerieten vermittelnde Kognitionen (zum Beispiel Bewertungen, Pläne oder Erwartungen) und Selbststeuerungsfähigkeiten in den Fokus, auch wenn das menschliche Bewusstsein nicht so weitgehend konzipiert wurde wie in den zuvor genannten Strömungen. Ich entwickle meinen Ansatz ausgehend von den integrativen Vorarbeiten von Paulus (1994) und Jüttemann (2002, 2005, 2007). Beide Ansätze kommen ohne ein inhaltlich zu spezifizierendes Selbstverwirklichungsmotiv aus und konzentrieren sich konzeptuell auf die Selbstbestimmung des intentional handelnden und interagierenden Menschen. Dadurch sind sie aber bei näherer Prüfung nicht geeignet, eine präzise Abgrenzung von einer anderen Form der Selbstbestimmung, nämlich der Selbstentfremdung, vorzunehmen. Diese drückt sich unter anderem in Missbefinden wie Sinnlosigkeit oder Langeweile aus, sofern solches Erleben nicht durch ablenkende Verhaltensweisen und Emotionen maskiert wird.
Mit Horney (1985) lässt sich Selbstverwirklichung klar von Selbstentfremdung abgrenzen. Sie greift dafür auf die von Donald W. Winnicott eingeführte Unterscheidung zwischen wahrem und falschem Selbst zurück. In einer (teilweise) despektierlichen Umgebung aufwachsend (was „nur“ Ignoranz über Abwertung bis hin zu roher körperlicher Gewalt bedeuten kann), unterdrückt das Kind sein wahres Selbst, um schlechter Behandlung zu entgehen. Daraus resultiert eine Verminderung des Selbstwertgefühls, auf das die heranwachsende Person mit Entwicklung neurotischer Strukturen und einem Selbstideal reagiert. Auf dieses idealisierte falsche Selbst verlagern sich nun die ursprünglich nach Selbstverwirklichung strebenden Kräfte. So kommt es zur Trennung vom wahren Selbst und damit zur Selbstentfremdung8.
Am einfachsten lässt sich das wahre Selbst als „Gesamtumfang aller psychischen Phänomene im Menschen“ (Jung, 1921, 1967, zit. nach Kast, 1986, S. 114) beschreiben. Es ist unser unmittelbares Erleben, also das, was in uns geschieht, noch bevor wir etwas damit anstellen (zum Beispiel manipulieren, beschönigen, bagatellisieren, aufbauschen, ignorieren etc.). Dieses ursprüngliche Sein kann angenehme wie auch unangenehme Zustände umfassen, zu denen wir aber nur stehen, wenn wir uns mit ihnen annehmen. Berücksichtigen wir das wahre Selbst fortlaufend und angemessen in unserem täglichen Handeln, verwirklichen wir ein subjektiv stimmiges Leben, das uns voll und ganz entspricht. Wenn wir jedoch (teilweise) aus biografisch und kulturell erlernter Angst, Scham etc. unser wahres Selbst verleugnen und uns bzw. anderen etwas vortäuschen, hat unser Leben weniger mit dem zu tun, der wir wirklich sind, sondern mit dem, der wir gerne sein wollen. Das ist Selbstentfremdung: Wir unterdrücken unser wahres Selbst und leben hinter der Fassade des falschen Selbst. Wichtig: Es geht hier nicht um normativ richtiges oder falsches Handeln! Wahres und falsches Selbst lassen sich nicht objektiv von einander unterscheiden, sondern ausschließlich über ein subjektives Gefühl von Stimmigkeit bzw. Unstimmigkeit.
Man findet das wahre Selbst nicht nur einmal, sondern immer wieder neu durch kontinuierliche Öffnung für das eigene Werden (Auchter, 2006; Kast, 1986). Was gestern noch stimmig schien, kann heute bereits unpassend sein. Das wahre Selbst darf also keinesfalls als neues Ich-Ideal missverstanden werden, woraus eine lebenslange und zudem illusionäre Suche resultieren würde; dennoch beschreibt es etwas primär Eigenes, das sich weder biologistisch noch intersubjektiv-interaktionistisch hinreichend erklären lässt, sondern „metaphysische, ja mystische Assoziationen“ weckt (Lesmeister, 2006, S. 24). Möglicherweise entspricht das wahre Selbst dem, was LeShan (1993) metaphorisch mit Lebensmelodie bezeichnet (vgl. ähnlich: Linemayer, 1995). Beide Ausdrücke verweisen auf eine individuelle Stimmigkeit!
Mit Frankl (1985), der das nationalsozialistische Vernichtungslager Auschwitz überlebte und dort unter unsagbaren Druck von Hunger und Schmerz konstruktiv zu reifen und zu handeln wusste, belege ich, dass Selbstverwirklichung für einen erwachsenen und seiner selbst bewussten Menschen ein von Privilegien unabhängiger und sehr ernsthafter Vorgang sein kann, der nichts mit verantwortungsloser Selbstbezogenheit, mangelnder Leistungsbereitschaft und Desinteresse an gesellschaftspolitischen Problemen zu tun hat. Selbstverwirklichung bedeutet sein wahres Selbst anzunehmen und konkret im Außen handelnd umzusetzen. Die eben erfolgte Betonung von „erwachsen und selbstbewusst“ soll klarstellen, dass ich Frankls Leistung angesichts massivster Respektlosigkeit (im Sinne körperlicher Vernichtungsgewalt) nicht einfach einem fünfjährigen Kind zuschreibe, das von seiner Umwelt (subtil) misshandelt wird.
Ich schließe meine Kontrastierungs- und Integrationsarbeit bezüglich der unterschiedlichen Ansätze mit der Konzipierung von Selbstverwirklichung als Trias (siehe Abbildung): Das erste Element Selbstbestimmung muss sich fortlaufend auf zwei weitere, nämlich inneres Wachstum (wachsende Kongruenz zwischen Selbsterfahrung und Selbstkonzept) und äußere Konsequenz9 (wachsende Kongruenz zwischen Selbstkonzept und Handeln), beziehen, damit ein von Selbstentfremdung unterscheidbarer Entwicklungsprozess definiert ist.
Versteht man den Menschen als ontische Ganzheit, setzt sich sein Leben aus vielen selbstbestimmten epistemischen Realisierungen zusammen. Unter der quanten- und erkenntnistheoretisch stützbaren Prämisse, dass Selbstverwirklichung und Selbstentfremdung komplementäre Selbstbestimmungsformen darstellen, die jeweils mit Gesundheit bzw. Krankheit in nichtlokaler Korrelation stehen (holistische Verschränkung), ist Selbstverwirklichung instantan ein salutogenetischer Prozess (das heißt, es heilt und stärkt sich selbst zu verwirklichen). Im Leben einer Person findet man in unterschiedlichen Anteilen sowohl Akte der Selbstverwirklichung als auch der Selbstentfremdung10. Jeder Akt stellt eine komplementäre epistemische Realisierung der ontischen Ganzheit dar (das heißt, er schafft eine willkürliche Realität analog dem Legen eines Heisenberg-Schnitts) und geht untrennbar mit geistig-körperlicher Veränderung einher. Ein günstiger Schnitt ermöglicht einen Akt der Selbstverwirklichung, der nichtlokal mit Gesundheit korreliert ist; ein ungünstiger Schnitt bewirkt Selbstentfremdung, die mit Krankheit nichtlokal korreliert ist. Beide komplementäre Seins-Formen stellen unterschiedliche Erfahrungen desselben dar. Deshalb ist es ontisch betrachtet auch gleich, ob die Erfahrung in Krankheit oder Gesundheit gemacht wird. Aber aus epistemischer Sicht unterscheiden sich beide Erfahrungen genauso deutlich wie die Doppelnatur des Lichts.
Eine Person kann viele Mikro-Gesundheits- und Krankheitszeichen (Symptome) zugleich aufweisen, die auch zu individuellen Gesundheits-Krankheits-Mustern (medizinisch diagnostizierbare Krankheitsbilder) kumulieren können. Mit dieser Sicht kann man schlagartig auftretende Erkrankungen und Heilungen wissenschaftlich nachvollziehen, genauso wie auch langsamere Entwicklungen in die eine oder andere Richtung.
Die Schulmedizin kennt für viele Erkrankungen zwar die zugrunde liegenden Fehlfunktionen, aber nicht die Ursache für diesselbigen. Zum Beispiel heilt eine Person unter rein substituierender Behandlung nur selten von einer Stoffwechselstörung. Warum sollte der Organismus auch wieder anfangen, bestimmte Hormone zu produzieren, wenn ihm diese täglich medikamentös zugeführt werden, ohne dass die komplementäre epistemische Realität (ein entsprechender Akt der Selbstverwirklichung) gefördert wird? Heilung bedeutet seine persönliche Ganzheit in zunehmender Gesundheit zu leben, während sie in Krankheit symptomatisch erfahren wird. Teile, von der sich die Person durch ungünstige Schnitte entfremdete, auf komplementäre Weise ins Bewusstsein.
In der Psychotherapie ist dies ein grundsätzlich vertrauter Gedanke, auch wenn er dort nur psychischen und bestimmten psychosomatischen Störungen vorbehalten ist. Je nach Therapieschule sind solche Überlegungen zur (unbewussten) Krankheitsfunktion unterschiedlich elaboriert. Meine Sicht von Salutogenese durch Selbstverwirklichung bietet eine integrative Episteme und ermöglicht außerdem die Anwendung auf sämtliche Krankheitszeichen (Beispiele: Meller, 2008). Heilung geschieht in dem Maße, wie an die Stelle von Selbstentfremdungen zunehmend Selbstverwirklichungen treten. Eine Manipulation durch Chemie, Stahl und Strahl kann Leben retten, wenn die degenerativen Veränderungen bereits so weit fortgeschritten sind, dass ohne solche Eingriffe die Lebenszeit nicht ausreicht, um eine Kursänderung vorzunehmen. Vielleicht würde sie schon ausreichen, aber je gravierender die Erkrankung, desto größer und umfassender ist die Herausforderung zur Rehabilitierung des wahren Selbst und das kann (nicht nur unter Zeitdruck) erhebliche Angst bereiten.
Krankheit repräsentiert hier weder Schuld noch Strafe (wie bestimmte Religionen annehmen). Es erweitert sich lediglich die Eigenverantwortung, die sich im cartesischen Weltbild auf den Umgang mit sogenannten Risikofaktoren (zum Beispiel Rauchen, ungeschützter Sex, UV-Strahlung) und die Stärkung von Ressourcen (zum Beispiel Sport, Freunde, Ernährung) beschränkt. Bereits Platon sah in Krankheit einen schicksalhaften Hinweis zur Korrektur der Lebensweise (Lorenz, 2005). An den Rändern unterschiedlicher Fachbereiche gibt es mannigfaltige Beschreibungen von Krankheit als Möglichkeit zur Selbstheilung (vgl. zum Beispiel Mitscherlich, 1969; Teegen, 1983; Beck, 1985; Dossey, 1986; Lutz & Mark, 1995; Dahlke 2002; Miller, 2005; Hafen, 2007). Allerdings überzeugen die unterschiedlichen Erklärungsversuche entweder nicht bei der Beantwortung der Frage, wie Geist und Körper so intensiv zusammenspielen können, oder sie sind zwar quantentheoretisch inspiriert (z. B. Teegen, 1983; Dossey, 1986; Pelletier, 1987), arbeiten aber nicht Selbstverwirklichung als zentrales Konzept für salutogenetisches Geschehen heraus!
Krankheit als schmerzliche Seins-Erfahrung kann uns zur Verzweiflung bringen, uns andererseits aber als „Schlüsselerlebnis“ (Lutz & Mark, 1995, S. 15) motivieren, innezuhalten und Veränderung zuzulassen. Ähnlich spricht Dossey (1986, S. 93) auch von „Krankheitsstadien“ als „Bewusstseinsstadien“. Deshalb bleibt Heilung bis zum letzten Atemzug ein Ziel, denn gerade auf dem Sterbebett können intensive Reifungsprozesse durchlaufen werden, die einen friedlichen Übergang erleichtern! Sterben ist nicht das Resultat ärztlichen oder persönlichen Versagens, sondern das angemessene Enden eines individuellen Lebensweges, auf dem der jeweilige Mensch bis zum Schluss reifen, also immer mehr er selbst werden darf.
Nicht jeder Erkrankter und nicht jeder Sterbende wird diesen Prozess vollziehen wollen und das ist dann zu akzeptieren. Denn auch wenn ich Hoffnung auf Heilung stiften möchte, will ich nicht der Ideologie das Wort reden, die Gesundheit über alles stellt und Krankheit aus wirtschaftlichen, utilitaristischen oder anderen Gründen auszumerzen versucht. Es sei in aller Deutlichkeit gesagt: Gesundheit und Krankheit sind gleichberechtigte Lebensäußerungen menschlichen Daseins. Krankheit und Sterben gehören zum Leben, es gibt keine Pflicht zur Heilung und kein Gebot, wie gestorben werden soll. In einer Demokratie, in der die Freiheit des Menschen verfassungsrechtlich verankert ist, ist auch Krankheit als Manifestation dieser Freiheit zu achten. In der Krankheit gelangt etwas zum Ausdruck, was in der Selbstentfremdung abhanden kam. Einen solch unbestechlichen Indikator ausmerzen zu wollen, wäre ein elementarer Verstoß gegen die Würde des Menschen.
Mit der salutogenetischen Trias der Selbstverwirklichung könnte ein Rückbezug zu dem in den 1980er Jahren von der WHO vorgeschlagenen Konzept der Lebensweisen (Versteegen, 1989; Kardorff, 2003) entstehen. Gesundheitsrelevante Verhaltensweisen sind in ein komplexes Zusammenspiel aus Einstellungen, Gefühlen und Handlungen eingebunden, also in (milieutypische, geschlechtsspezifische und lebensphasenabhängige) Lebensweisen, die durch Phänomene der sozialen Anpassung und durch Gruppendruck beeinflusst werden. Die salutogenetische Trias knüpft hier an, betont jedoch die Freiheit zur Selbstbestimmung und beschreibt mit den Facetten inneres Wachstum und äußere Konsequenz potenziell wachsende Unabhängigkeit gegenüber sozialem Druck.
Zu dem systemischen Anforderungs- und Ressourcen-Modell (SAR-Modell)11 von Becker (2006) besteht kaum Ähnlichkeit. Zwar führt Becker (2006) eine bedürfnistheoretische Perspektive ein, aber auf Modellebene resultiert Gesundheit doch wieder nur aus dem Verhältnis von Schutz- und Risikofaktoren. Im SAR-Modell ist die Bewältigung von Anforderungen, wie sie aus Bedürfnissen nach Selbstaktualisierung enstehen, ein optionaler salutogenetischer Weg. Im Unterschied dazu besagt die salutogenetische Trias, dass Selbstverwirklichung entscheidend für Gesundheit ist.
Mein Ansatz könnte der Strömung der Positiven Psychologie (Seligman & Csikszentmihalyi, 2000; Auhagen, 2004; Jork & Peseschkian, 2006) zugeordnet werden. Kennzeichnend für die Positive Psychologie sind die Ausrichtung auf das Positive (z. B. Tugenden und Ressourcen), der Anspruch auf wissenschaftliche Fundierung und die Absicht, positiv auf menschliches Erleben und Verhalten einzuwirken (Auhagen, 2004). Allerdings betone ich im triadischen Konzept, dass sich das Positive nicht vergegenständlicht greifen, sondern nur immer wieder neu durch stimmiges Handeln (Selbstbestimmung orientiert an innerem Wachstum und äußerer Konsequenz) entdecken lässt.
Selbstverwirklichung als triadisches Konzept in der Gesundheitspsychologie integriert verschiedene theoretische Ansätze und bietet der Praxis der Gesundheitsförderung eine nachhaltige Perspektive. Um Salutogenese durch Selbstverwirklichung empirisch nachzuweisen, sind ausschließlich Studien geeignet, die den Gesundheits-Krankheits-Zustand umfassend12 erheben. Denn sofern sich Korrelationen nur auf vereinzelte Ausschnitte beziehen (zum Beispiel nur auf ein Krankheitsbild wie Krebs), kann die Aussagekraft der Studie nur gering sein, da wir nicht wissen, von welchen anderen Symptomen die betreffende Person vielleicht noch betroffen ist.
Zur Anregung der Anwendungsforschung liefert meine Dissertation (Meller, 2008) einen Fragebogen zur Selbstverwirklichung, der von den Teilnehmern vor und nach Interventionen (ergänzend zu frei formulierten Selbstauskünften) ausgefüllt werden kann. Die Konstruktion erfolgte theoriegeleitet und wurde an zwei Stichproben in der Bundesrepublik Deutschland faktorenanalytisch überprüft. Zudem erfolgten Validierungsberechnungen an den Konstrukten Kohärenzgefühl (Antonovsky, 1997), Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung (Schwarzer & Jerusalem, 1999) und am Inventar Klinischer Persönlichkeitsakzentuierungen (Andresen, 2006). Allerdings muss man bedenken, dass dieser Fragebogen nur einen epistemischen Erkenntniszugang darstellt und zwar bedingt durch die Methode seiner Konstruktion einen ziemlich engen. Trotz fachgerechter Operationalisierung ist diese nicht identisch mit dem theoretischen Konstrukt, sondern bedarf epistemischer Komplementierung. Natürlich muss ich dasselbe auch vom triadischen Konzept der Selbstverwirklichung sagen, das seinerseits nur ein epistemisches Fenster darstellt. Erinneren wir uns, dass gemäß der ontischen Beschreibung das Ganze nicht mehr ist als die Summe seiner Teile, sondern es besteht „überhaupt nicht aus Teilen“ (Atmanspacher, 1996, S. 28).
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1 Ich verwende den Begriff Salutogenese rein meta-theoretisch für eine nach der Aufrechterhaltung (Selbststärkung) und Förderung (Selbstheilung) von Gesundheit fragenden Haltung - also unabhängig von Antonovsky (1997) spezifischen und stresstheoretisch konzipierten Modell der Salutogenese, in dessen Zentrum das von ihm entwickelte Persönlichkeitskonstrukt des Kohärenzgefühls (SOC) steht.
2 Diese Unterscheidung erscheint in der klassischen Mechanik, der Elektrodynamik und der Relativitätstheorie verzichtbar, weil man dort so tun kann, als ob ontische und epistemische Ebene identisch wären (Atmanspacher, 1996a)
3 In der Quantenphysik werden die Ereignisse nicht durch lokale Ursachen ausgelöst, sondern das Verhaltens eines Teils ergibt sich durch seine nichtlokale, unmittelbare Beziehungen zum Ganzen. Da man diese Beziehung nicht genauer kennt, wird anstelle von Kausalität derzeit nur von Korrelationen gesprochen (Capra, 2005). Nichtlokale Korrelationen sind etwas völlig anderes als Wechselwirkungen (Atmanspacher, 1996a).
4 Siehe vorherige Fußnote.
5 Sobald die Untersuchungsperspektive festgelegt ist, lässt sich alles weiter Folgende „ohne jede Beteiligung außermaterieller Einflüsse“ (Atmanspacher, 1996a, S. 32 in einer Fußnote) beschreiben.
6 Beide gehen von einer monistische Metaebene hinter oder jenseits von Materie und Geist aus, die der Analytiker Jung unus mundus nennt und der Physiker Pauli psychophysische Einheitswirklichkeit.
7 Damit ist nichts über zeitlich frühere und begrifflich anders geartete Thematisierungen in (östlicher) Philosophie, Religion, traditioneller Heilkunst etc. gesagt.
8 Diese Diskrepanz zwischen Selbsterfahrung und Selbsttheorie korrespondiert mit der durch Rogers (2007) bekannt gewordenen Inkongruenz zwischen organismischer Erfahrung und Selbstkonzept.
9 Anstelle von „innerem Wachstum“ und „äußerer Konsequenz“ wählte ich damals in meiner Dissertation (Meller, 2008) die deutschen Begriffe „Selbstwerdung“ und „Selbstrealisierung“. Als ein paar Jahre später der Tag kam, sie ins Spanische zu übersetzen, stieß ich auf die Schwierigkeit, dass „Selbstrealisierung“ [span.: „autorrealización“] bereits die einzige Übersetzung von „Selbstverwirklichung“ ist und ich für „Selbstwerdung“ keine überzeugende Entsprechung fand. Also ersetzte ich die deutschen Begriffe durch alltagsnähere Formulierungen, die mir jetzt sogar besser gefallen, weil ich sie klarer finde!
10 Das steht nicht im Widerspruch zur Komplementarität, die für jeden einzelnen Akt bestehen bleibt: Eine konkrete Handlung der Selbstverwirklichung, nennen wir sie „A“ schließt währenddessen eine Handlung der Selbstentfremdung („-A“) aus. Eine hinzukommende Handlung der Selbstentfremdung, nennen wir sie „-B“, schließt währenddessen eine Handlung der Selbstverwirklichung („B“) aus.
11 Es basiert auf konzeptuellen Vorläufern wie dem Stressbewältigungsmodell, Antonovskys Modell der Salutogenese (1997) und systemtheoretischen Ansätzen.
12 Richtungsweisend sind Duetz, Abel, Siegenthaler und Niemann (2006), die u. a. folgende Variablen erheben: selbst eingeschätzte Gesundheit; Erfassung psychischer Symptome; chronische Krankheiten; Neuerkrankungen; Einschränkung durch chronische Krankheiten; körperliche Fitness; Einschränkungen durch leichtere Erkrankungen; Medikamentenkonsum; Arztbesuche.